Illusion der „Gewissheit“ – Produktivität von Krisen nutzen in Deutschland

Referentin

Sabine Kluge
Sabine Kluge

Transformationsexpertin und Autorin, Kluge+Konsorten GmbH, Berlin
Ein Bild des völlig zerbombten Berlins aus dem Jahr 1945, anschließend ein Bild, 15 Jahre später: Eine Frau steht in der gleichen Stadt vor einem prall mit Schinken, Würsten, Wein und Spirituosen gefüllten Schaufenster. Mit diesen bildlichen Eindrücken startete Sabine Kluge ihre Keynote beim FDW. Wirtschaftswunder in Deutschland: Schon 1962 verfügt mehr als jeder vierte Haushalt über ein Auto, mehr als ein Drittel über einen Fernseher und eine Waschmaschine und jeder dritte Deutsche fährt einmal im Jahr in den Urlaub. Es sei die Zeit des Übergangs gewesen, so Sabine Kluge. Den Kopf in den Sand zu stecken, das funktionierte nicht. Ohne Freunde hätte es auch nicht funktioniert. Der Marshall-Plan als eine umfassende Wirtschaftsförderung Europas. Allein nach Westdeutschland seien damals 1,5 Milliarden US-Dollar geflossen, ein zu dieser Zeit unvorstellbar hoher Betrag.

Heute stünden wir und damit auch die Unternehmen vor neuen Problemen sowie an der Schwelle zu einer neuen Arbeitswelt. Digitalisierung und Globalisierung sorgten für eine ungeheure Zunahme von Geschwindigkeit und Informationsvolumen. Reagiert hätten die Unternehmen vor allem mit einem Instrument: Sie hätten sich, wie in ihrer eigenen beruflichen Vergangenheit bei Siemens, in den permanenten Kostensenkungsmodus begeben. Um die Probleme jedoch effektiv anzugehen, bedürfe es ganz anderer Mittel, zum Beispiel einer gut ausgebauten Vernetzung, mehr Diversität in den Kompetenzbereichen sowie der Bereitschaft, die Kompetenz über die Position zu stellen. Kluge empfahl den Unternehmen, sich zu lösen von Althergebrachtem, Experimentierfreude zu entwickeln und auch Fehler zuzulassen, um daraus die richtigen Schlüsse ziehen zu können. „Eine schnelle Anpassung schlägt die Planung“, so Kluge.

Von ihren Followern bei LinkedIn wollte Sabine Kluge wissen, wie Wirtschaftsförderungen wahrgenommen würden. 74 Menschen beteiligten sich an dieser kleinen Umfrage, wovon 59 Prozent nicht die Leistungen ihrer Wirtschaftsförderung in Anspruch nähmen und 21 Prozent eine solche Institution gar nicht gekannt hätten. Daher riet Sabine Kluge den Wirtschaftsförderungen vor allen Dingen, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen.

„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, besteht darin, sie zu erfinden“, zitierte Sabine Kluge am Ende ihrer Keynote beim FDW John Sculley und rief die Wirtschaftsförderinnen und Wirtschaftsförderer mit ihrem Zusatz „am besten gemeinsam“ zu stärkerer Vernetzung auf.